Angeblich soziale Leistung und behauptete Familienförderung

Mehr als jeder 4. beantragt Familiengeld plus, schreibt die Süddeutsche (1) und auch das Familienministerium (BMFSJ) freut sich (2), weil man ja so sozial und Familienfreundlich sei, das Geld so gut angenommen würde.

Nun, das es gut angenommen wird sagt nichts über Familienförderung aus und auch nichts über Familienfreundlichkeit.

Um sowas beurteilen zu können, muss man die Ziele betrachten. Das BMFSJ gibt als Ziel aus, „Partnerschaftliche Aufteilung von Beruf und Familie unterstützen“ zu wollen. Will heißen, die Männer sollen mehr an den Herd, die Frauen in die Erwerbsarbeit.

Als Voraussetzung für den Bezug von Basiselterngeld bzw. Elterngeld plus darf der Bezieher max. 30 Stunden pro Woche in Erwerbsarbeit (3) arbeiten, Studium oder Ausbildung gelten dabei nicht. Elterngeld plus ist halb so hoch wie Basiselterngeld, wird allerdings doppelt so lange gezahlt (4).

Das Ziel scheint erreicht zu werden, wenn man der Süddeutschen (1) glaubt:
Mehr als drei Viertel der Nutzer bewerten das Elterngeld Plus positiv. Das Modell sei „ein voller Erfolg“, sagte die geschäftsführende Familienministerin Katarina Barley (SPD) den Funke-Zeitungen. Die Leistung habe „dazu geführt, dass Frauen wieder stärker in den Beruf einsteigen können und dass sich Väter mehr Zeit für ihre Kinder nehmen“.

Lt. Statistischem Bundesamt waren 2014 bereits 32 % aller Mütter mit Kleinkindern (5) erwerbstätig. Diesen sehr hohen Prozentsatz wollte man demnach steigern, vermutlich hat man das auch erreicht, ich konnte nur leider keine belastbaren Zahlen finden.

Diese ach so heeren Ziele verschleiern ein Grundproblem. Hundekinder sind in diesem Lande besser geschützt als Menschenkinder! Einen Hundewelpen darf man nicht vor erreichen der 8. Lebenswoche von der Mutter trennen (6). Bei Hunden ist das die Zeit der Sozialisationsphase (7), geht man vom Sufenmodell der menschlichen Entwicklung aus käme ein Menschenkind in etwa in die Schule (8). Will heißen, wir gestehen einem Hund eine Zeit bei seiner Mutter und seinen Geschwistern zu, die etwa der Kleinkindphase beim Menschen entsprechen, Krippen nehmen Kinder ab 4 Monaten auf (9), Menschenkinder müssen demnach in die Krippe, noch ehe sie entwöhnt sind (10).

Man kann es drehen und wenden wie man will, wer Familien fördern will und vorgibt, das ihm das Kindeswohl am Herzen liegt, der kann doch einen Säugling nicht von seiner Mutter trennen, nur damit die wieder malochen kann!

Trotzdem scheinen die Familien das anzunehmen, anzunehmen müssen.

Früher, als noch alles früher war, da reichte ein Einkommen um eine Familie tragfähig zu ernähren. Das Jahresdurchschnittsgehalt lag 1975 bei etwas über 22.000 DM brutto bzw. 53,7 % des Einkommens, wenn man 1995 als 100 % Preisgrundlage nimmt (11), Jahresmieten für eine 80 m² Wohnung lagen gerne bei 3.840 DM (12).

Wir rechen mal im Jahr 1975:

Brutto Monat: 2.090 DM (25.080 Jahr)
Netto Monat: 1.358 DM (16.296 Jahr)
Abgabenlast demnach : ca. 35 %
Mietlast bei 80 m² und 4 DM: 320 DM oder ca. 23,5 %
Wohngeld: 102 DM

Obwohl jemand bereits überdurchschnittlich verdient hat, durfte er 65 % seines Einkommens behalten und bekam zudem noch Wohngeld. Dieses Geld hat gereicht, um eine Frau und 3 Kinder vernünftig aufzuziehen und keiner musste Kinder, die noch nicht mal von der Brust entwöhnt sind, in irgendwelche Krippen geben. Ein Grund ist, dass die Verbrauchssteuern deutlich geringer waren und der Anteil der Steuern, die von Unternehmen gezahlt wurden, deutlich höher war als heute. Bereits damals gab es eine Staatsquote von 48 %, das lag aber noch deutlich unter den derzeitigen 52,3 %, die weitestgehend von den Arbeitnehmern gezahlt werden müssen.

Nur mal zum Vergleich: 2016 betrug das durchschnittliche Bruttogehalt ca. 34.000 € (13).

Brutto Monat: 2.833 € (34.000 Jahr)
Netto Monat: 2.087 € (25.044 Jahr)
Abgabenlast demnach: 26 %<
Mietlast bei 80 m² und 9,5 €: 760 € oder ca. 36 %

Das Verhältnis von Abgaben und Mieten hat sich umgekehrt, genau wie das Verhältnis von direkten und indirekten Steuern (14).

Fazit: wer Familien wirklich fördern möchte, baut das zurück. Familien müssen steuerlich entlastet werden, die Verbrauchssteuern müssen demnach runter. Zudem muss eine Wohnungsbauinitiative losgetreten werden, um der Wohnungsnot für Familien wieder Herr zu werden. Mieten dürfen nicht zum Armutsrisiko werden, dass man dann den Kindern unterschiebt. Ein Einkommen muss genügen, um eine Familie zu ernähren. Kinder in die Krippe geben ist keine artgerechte Menschenhaltung!

1 http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/teilzeit-arbeit-mehr-als-jeder-vierte-beantragt-elterngeld-plus-1.3819324, abgerufen am 12.01.2018

2 https://www.bmfsfj.de/bmfsfj/aktuelles/alle-meldungen/ein-jahr-elterngeldplus/76086?view=DEFAULT, abgerufen am 12.01.2018

3 https://www.bmfsfj.de/blob/93614/883f631806ac368da9d4a5a1cce66aa8/elterngeld-elterngeldplus-und-elternzeit-data.pdf, S. 10

4 ebnda, S. 21 – 22

5 https://www.destatis.de/DE/Publikationen/Datenreport/Downloads/Datenreport2016Kap2.pdf?__blob=publicationFile, S. 55

6 https://www.gesetze-im-internet.de/tierschhuv/__2.html, Absatz 4

7 https://magazin.mydog365.de/erziehung/welpenerziehung/entwicklungsphasen-welpen/, abgerufen am 12.01.2018

8 https://de.wikipedia.org/wiki/Stufenmodell_der_psychosozialen_Entwicklung, abgerufen am 12.01.2018

9 https://dormagen.kita-navigator.org/kitas/familienzentrum–ev-kindertageseinrichtung-die-kleinen-strolche/, abgerufen am 12.01.2018

10 http://www.bfr.bund.de/de/empfehlungen_zur_stilldauer___einfuehrung_von_beikost-54044.html, abgerufen am 12.01.2018

11 https://de.statista.com/statistik/daten/studie/164047/umfrage/jahresarbeitslohn-in-deutschland-seit-1960/ und https://www.destatis.de/DE/Publikationen/Thematisch/Preise/Verbraucherpreise/VerbraucherpreisindexLangeReihenPDF_5611103.pdf?__blob=publicationFile

12 Ralf Mairose / Gerhard Orgaß: Wohnungs- und Bodenpolitik in der Bundesrepublik Deutschland: Kostenmiete Städtebaurecht Wohnungseigentum durch Mietkauf, 2. Auflage, Leßke Verlag + Budrich GmbH Opladen 1975, S. 114

13 https://de.statista.com/statistik/daten/studie/164047/umfrage/jahresarbeitslohn-in-deutschland-seit-1960/, abgerufen am 12.01.2018

14 http://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Monatsberichte/2011/06/Artikel/analysen-und-berichte/b04-struktur-und-verteilung-der-steuereinnahmen/struktur-und-verteilung-der-steuereinnahmen.html, abgerufen am 12.01.2018

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4 Antworten zu Angeblich soziale Leistung und behauptete Familienförderung

  1. Pingback: Ein weiteres Mal phrölich filosofiert | osthollandia

  2. Klartexter schreibt:

    „Ein Einkommen muss genügen, um eine Familie zu ernähren.“
    Tut es für den beschriebenen Durchschnitt doch! Allerdings sind in „Ernährung kein Auto, 65 Zoll Fernseher, Gamer-PC und 4 mal iPhone enthalten. Gemessen am europäischen Durchschnitt ist es fade, sich darüber zu beklagen, daß es deutsche Familien so schwer haben.

    „Krippen nehmen Kinder ab 4 Monaten auf, Menschenkinder müssen demnach in die Krippe, noch ehe sie entwöhnt sind“
    Nein, müssen sie nicht, sie können. Das ist ein großer Unterschied, nämlich der zwischen Pflicht und Freiheit. Sie können, wenn die Eltern, aus welchen Gründen auch immer, es so entscheiden. Vorausgesetzt, sie finden einen Krippenplatz.

    „Kinder in die Krippe geben ist keine artgerechte Menschenhaltung!“
    Also, das ist ja …
    Um in Ihrem Vokabular zu bleiben: Einzelhaltung mit einzelner Bezugsperson ist artgerecht? Auf wieviele der 100.000 Jahre Geschichte der Art Mensch stützt sich diese Aussage? Hat es die von Ihnen gewünschte Form der „Menschhaltung“ überhaupt einmal halbwegs überwiegend gegeben?

    Aber ich will hier nicht auf Formulierungen herumhacken, um die geht es nicht.
    Die von vielen so verdammte Kinderkrippe hat einen Effekt, den ich für äußerst begrüßenswert halte: Sozialisierung mit und in der Gruppe. Das, was den ganzen Schneeflocken-Gutmenschen im Lande so fehlt. Da lernt man nämlich Konfliktbewältigung, mit Kritik zu leben statt theatralisch zu sterben, Kompromisse eingehen, Diskussion statt Haß. Und, ganz wichtig: Regeln achten. Ohne das alles funktioniert eine Gesellschaft nicht (siehe aktuelle Beispiele). Eine Handvoll Geschwister erfüllen natürlich den gleichen Zweck, habe ich bei Familien in letzter Zeit aber eher selten beobachtet.
    Im Übrigen wird ein Welpe von seiner Art getrennt, wenn es seiner Mutter weggenommen wird. Kinder gehen aber nicht an Klingonen oder Alienameisen, sondern verbringen ihren Tag in einer Meute gleichaltriger, umsorgt von Krippentanten und Kindergärtnerinnen. (Sollte ich das gendern?)

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    • osthollandia schreibt:

      Der wesentliche Punkt ist doch, dass man Mütter über wirtschaftlichen Druck dazu bringt, Kinder in die Krippe zu geben, obwohl sie noch gestillt gehören. Ich wüsste auch nicht, das Säuglinge groß miteinander interagieren, das machen sie erst, wenn sie Krabbelkinder sind. Alle positiven Effekte einer Kinderkrippe treten erst auf, wenn die Kinder Kleinkinder sind. Zu der Zeit sind sie noch nicht trocken, können aber schon feste Nahrung vertragen. Das Kinder zu Kindern müssen ist schon klar. Aber ein Säugling profitiert nicht, ein Kleinkind schon. Ich rede mit Sicherheit auch nicht gegen den Kindergarten bzw. die Krippe, beides gute und nützliche Erfindungen.

      Und ob eine Familie einen Smart-TV hat oder 87 iPhones steht überhaupt nicht zur Debatte. Der Punkt ist, das die Verbrauchssteuern wie Mineralölsteuer, Umsatzsteuer, EEG Umlage ins Utopische gewachsen sind und der soziale Wohnungsbau ersatzlos gestrichen wurde, die staatlichen Wohnungen an Typen wie Vonovia vertickt, bei gleichzeitiger Steuersenkung für Unternehmen aller Art.

      Man streicht Unternehmenssteuern, Erbschaftssteuer und Vermögenssteuern und gleicht das über Verbrauchssteuern aus, die auch auf Heizung für Zwergnasen und Windeln fällig werden. Inzwischen kommt von jedem Euro, der irgendwie in Sozialleistung geht, 30 % als Verbrauchssteuer zurück.

      Und da kann man mir sagen was man will, das ist nicht sozial oder gerecht. Ich kenne Familien, da gehen beide arbeiten und einer alleine nur für das Wohnen. 50 % puff, weg. Und da gibt’s auch kein iPhone und das Barbie Puppenhaus zu Weihnachten war gebraucht.

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      • Klartexter schreibt:

        Das ist alles völlig richtig, aber Krippenplätze für Säuglinge sind nicht die Quelle des Übels sondern nur eine Methode, mit den Folgen umzugehen. Auch hohe Steuern müssen nicht per se schlecht sein, wenn sie für Sachen ausgegeben werden, die der Gesellschaft zu Gute kommen.
        Und das werden sie in Deutschland offensichtlich nur sehr unzureichend. Das ist das Ergebnis von 20 Jahren Neoliberaler Politik von CDU, FDP und SPD, nicht zu vergessen der extrem wichtige Fokus auf gendergerechte Schreibweisen, #MeToo- und NetzDG-Rufmordkampagnen und ähnliche linksradikale 68er Ideen.
        ABER:
        Die Mehrheit der Betroffenen hat die gleichen Leute, die für das Elend verantwortlich sind, wieder gewählt oder hat den Ar… nicht aus dem Fernsehsessel heben können.
        Denen muß man auch mal ganz klar sagen: Jammer nicht rum, Du wolltest das so!
        Ist ja nicht so, daß keiner gewarnt hätte.

        Die entscheidende Frage ist also, wie man mit einer großen Masse Leuten umgeht, denen Demokratie zu anstrengend ist. Jammern werden die immer, ihren eigenen Interessen gemäß Handel und Wählen eher selten.
        Kann man Merkel und Co. verdenken, daß die das längst erkannt haben und entsprechend unbekümmert regieren?

        Diktatur hatten wir schon, lief nicht so gut.
        Demokratie haben wir angeblich, läuft auch nicht so gut.
        Islamisches Reich lief gut, als in Europa noch tiefstes Mittelalter war. Jetzt auch nicht mehr so prickelnd.
        Hat jemand irgend welche andere Ideen?

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